Sonnenuhrgarten

"Bad Bevenser Observatorium der Erdumdrehungen"

Die Sonnenuhr von Bad Bevensen ist eine der größten Europas und eine höchst raffinierte dazu: Der geneigte Edelstahlmast der Sonnenuhr im Kurpark von Bad Bevensen ragt seit dem 21. Juni 1998 fast 16 Meter weit in den Himmel und verrät weit mehr als nur den Sonnenstand. Die Orientierung fällt zunächst nicht ganz leicht, aber wer sich Zeit nimmt, wird mit einer Fülle von Informationen über Kalender, Jahreszeiten, Geographie und Astronomie belohnt.

Ein großes rundes Zifferblatt am Schattenmast zeigt zusätzlich die "Wahre Ortszeit", die "Mitteleuropäische Zeit" und die "Sommerzeit" an. Man kann die Tageslänge erkennen, den Sonnenuntergang ablesen oder den Wechsel der Tierkreiszeichen. Daher wird die Sonnenuhr auch "Bad Bevenser Observatorium der Erdumdrehungen" genannt.

Hier dreht sich die Erde mit einer Geschwindigkeit von 1005 Kilometer pro Stunde um die eigene Achse und bewegt sich zugleich mit ca. 108.000 Stundenkilometern auf ihrer Bahn um die Sonne.

Fast 16 Meter langer Schattenmast

Der wichtigste und sofort ins Auge fallende Teil der Sonnenuhr ist der parallel zur Erdachse ausgerichtete fast 16 Meter lange Schattenmast. Seine Spitze weist auf den Himmelspol in der Nähe des Polarsterns. Der Schatten des Mastes wandert pro Minute um etwa 8 Zentimeter auf dem äußeren steinernen Ringweg und zeigt so die Erdumdrehung an. Der Schatten des Mastes zeigt die "Wahre Ortszeit" am 15. Längengrad an. Dieser verläuft durch Görlitz an der Neiße und ist definiert als Zeitzonenmeridian für die Mitteleuropäische Zeit (MEZ). Am Außenkreis markieren rote Granittafeln die Stunden.

Im Innenkreis der Sonnenuhr zeigt der gleiche Schatten die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) auf roten Sandsteinblöcken an. Die Größe der Steine nimmt gegen Mittag zu und gegen Abend wieder ab. Die Mittagszeit ist als steinernes Tor markiert.

Bad Bevensen liegt auf der geographischen Breite von 53° 4'52,5'' - also westlich von Görlitz. Tatsächlich erreicht die Sonne ihren Höchststand hier 17 Minuten und 38,6 Sekunden später als in Görlitz. Da aber alle Orte, die zur Mitteleuropäischen Zeitzone (MEZ) gehören, per Definition sich nach dem Görlitzer Sonnenstand richten, ist die Differenz in das Zifferblatt der Sonnenuhr bereits eingearbeitet. Durch den Schatten wird deshalb nicht die Wahre Ortszeit in Bad Bevensen, sondern die offizielle Mitteleuropäische Zeit angezeigt.

Sprüche zum Nachdenken rahmen die Sonnenuhr

Sieben rote Granittafeln im begehbaren Außenkreis aus gebrannten Betonsteinen sind mit lateinischen Sinnsprüchen geschmückt. Im Uhrzeigersinn gelesen heißen sie:

Sine sole sileo - Ohne Sonne schweige ich.

Solem quis falsum dicere audiat? - Wer hörte je die Sonne etwas Falsches sagen?

Ut hora sic fugit vita - Wie die Stunde flieht das Leben.

Aspicis umbra fugax nostras ut temperet horas - Du siehst, wie der flüchtige Schatten unseren Stunden das Maß gibt.

Umbra demonstrat lucem - Erst der Schatten zeigt das Licht.

Tarda fuit pigris velox operantibus hora - Langsam vergeht den Faulen, schnell den Handelnden die Stunde.

Umbra fugit opera manent - Der Schatten flieht, es bleiben die Werke.

Zeitanzeige nur an vier Tagen im Jahr genau

Tatsächlich zeigt die Sonnenuhr aber auch die Mitteleuropäische Zeit nur an vier Tagen im Jahr genau an. Das liegt zum einen an der Neigung der Erdachse zur Sonne und zum anderen an der Sonnenbahn gegen den Himmelsäquator. Dadurch werden die angezeigten Tageslängen auf einer Sonnenuhr in unseren Breiten um bis zu vierzehn Minuten verzerrt. Im Januar/Februar und Juli/August geht die Sonnenuhr nach, im Mai und Oktober/November geht sie vor. Haargenau fällt der Schatten nur am 16. April, 14. Juni, 2. September und 26. Dezember. Für alle anderen Tage muss die Zeit angeglichen werden. Um wie viel, zeigt die Achterschleife einer Zeitangleichungskurve auf einer rechteckigen Platte am Schattenmast. Die einzige genaue örtliche Zeitangabe im äußeren Kreis ist der höchste Sonnenstand am 21. Juni, dem Tag der Sommersonnenwende. Dann fällt der Schatten der Kugel, die oben am Ende des Sonnenmastes sitzt, um 12 Uhr "Bevenser Zeit" haargenau auf eine rote Granittafel östlich des 12-Uhr-Tores im äußeren Kreis.